Dorfgeschichte zum Ende des Ersten Weltkrieges
Da staunten die Vorstandsmitglieder des Heimat- und Geschichtsvereins Steindorf nicht schlecht. Sie hatten zum Dorfrundgang mit Karlheinz Kräuter eingeladen und weit über 80 Interessierte fanden den Weg zur alten Steindorfer Schule.
Zunächst begrüßte die Schulglocke mit ihrem schönen Geläut die Teilnehmer, anschließend hieß Hans-Jürgen Lenz die Gruppe willkommen. Dann übernahm Karlheinz Kräuter das Ruder. Die Geschichte der Schulglocke, die der Fürst zu Braunfels zur Einweihung der Schule im Jahr 1876 den Steindorfer stiftete, gab er den Teilnehmern als erstes mit auf den Weg.
Die Route führte durch das alte Dorf: Alter Schulweg, Oberdorfstraße, Bunkerweg, Kirche, Unterdorf, Denkmal am Liesekippel, Hauptstraße. Gespickt mit vielen vergrößerten historischen Bildern, die an verschiedenen Stationen hingen, brachte man den Teilnehmer den Zeitgeist der vorherigen Jahrhundertwende, insbesondere des Ersten Weltkrieges ein Stück näher.
Und dann die Geschichten von Karlheinz Kräuter, die er an den verschiedenen Stationen zu erzählen wusste. So vom Ortsvorsteher Heinrich Boch, dessen Aufgabe u.a. es war, die 18 Kriegsgefangenen, die in Steindorf arbeiteten, jeden Sonntag nach Büblingshausen zur ärztlichen Untersuchung zu führen. Dort rechnete er auch Essensgeld und Löhne ab und trat dann wieder zu Fuß den Heimweg an.
Markus Schenk, der Besitzer des historischen Hauses „Gerwesch“ in der Oberdorfstraße wusste aus Erzählungen seiner Vorfahren aus der Kriegszeit zu berichten. Anhand von historischen Aufnahmen vermittelte er ein Bild des Arbeitens und miteinander Lebens von Bauern und Kriegsgefangenen.
Karlheinz Kräuter erinnerte daran, dass 1917 die Kirchenglocken zum Einschmelzen geholt wurden. Als Ersatz wurde die Schulglocke, das Geschenk des Fürsten zu Braunfels, in den Glockenturm gehängt. Erst im Jahre 1954 als das Glockengeläut durch zwei neue Glocken ergänzt wurde fand die Schulglocke wieder ihren Weg zurück in den kleinen Turm des Schulgebäudes.
Im Ersten Weltkrieg fielen 22, meist sehr junge, Steindorfer Männer. An sie erinnert das 1935 errichtet Denkmal am Liesekippel. Nur war die „Mahnung“ des Denkmals nur von kurzer Dauer. Vier Jahre später brach der zweite Weltkrieg aus.
Letzte Station war das Gebäude der ehemaligen Gastwirtschaft Klein in der Hauptstraße 2. Hier schliefen in der Halle die Kriegsgefangenen, die in der Landwirtschaft auf den einzelnen Höfen arbeiteten. Das damalige Gasthaus „Zum schwarzen Ross“ ist seit Jahrzehnten im Besitz der Familie Heiland und wurde bis in die 20er Jahre als Wirtschaft mit Saal betrieben.
Nach gut zwei Stunden Rundgang lud Karlheinz Kräuter die Gruppe zu Kaffee und Kuchen in die alte Schule ein. Zwar war das Platzangebot aufgrund der räumlichen Verhältnisse wirklich begrenzt. Ein Stück Kuchen, ein Schmalzbrot und eine Tasse Kaffee dürfte jeder bekommen haben. Auf jeden Fall kramte man in alten Erinnerungen und gar mancher hatte eigene historische Fotografien dabei.